Ruhekonto

Ruhebank

Wenn ich zu Fuß an einer offenen Kirche vorbeikomme, dann geh ich da auch rein. Warum ich das mache? Ich lade hier mein inneres Ruhekonto auf.


Das ist mir mal bei einem Besuch in Köln klar geworden. Der Kölner Dom ist ja fast immer offen. Also… ich da rein, staunend wie ein kleines Kind sah ich die erhabenen Säulen und das Leuchten der Fenster. Als ich mich hinsetzte, spürte ich, wie ich ruhig wurde und ganz bei mir war.
Da sprach mich die ältere Frau neben mir in der Bank an. „Meinen Sie, er sieht mich jetzt? Ich meine nicht Gott, der sieht mich immer. Ich meine mein Mann, der ist vor knapp zwei Monaten verstorben. Meinen Sie, er sieht uns beide jetzt von da oben?“
„Ich hoffe das“, sagte ich. „Ja, ich glaube, dass die Verstorbenen ganz in der Nähe Gottes gut aufgehoben sind. Wir gehen nicht verloren. Gottes Liebe trägt uns. Das ist uns Christen ja zugesagt. Wir redeten noch ein wenig miteinander und dann zündeten wir noch zwei Gebetskerzen an.
Als ich wieder draußen vor dem Dom stand spürte ich, dass sich mein Ruhekonto gerade neu aufgefüllt hat. Ich war ruhiger und gelassener. Ich konnte tief durchatmen, einfach mal stehen bleiben, staunen, und alles schien verlangsamt. Menschen liefen irgendwie langsamer als vorher, schlenderten mit ihren Einkaufs-taschen vorbei, blieben stehen, schauten am Dom hoch. Ich sah in lächelnde Gesichter, sah Kinder, die auf der Domplatte Fangen spielten. Das alles hatte ich vorher so intensiv nicht wahrgenommen.
Der Besuch in einer offenen Kirche bremst mich runter vom Tempo des Alltages, er schenkt mir innere Ruhe, Einkehr und eine neue Perspektive auf die Wirklichkeit.
Übrigens, einen Verlust an Zeit hat mich diese Übung noch nie wirklich gekostet. Innere Ruhe hat sie mir fast immer geschenkt.

Pfarrer Rolf Burket